Roger Milla ist das Gesicht des afrikanischen Fußballs. Im Interview mit Martin Wassermair in Yaoundé sprach der Ehrenbotschafter Kameruns über den wachsenden Respekt gegenüber afrikanischen Kickern, die harten Mühlen der Kommerzialisierung und den Unterschied zwischen seiner Person und Diego Maradona.
Kamerun und der afrikanische Fußball sind voller Hoffnungen im Hinblick auf die WM 2010. Worauf muss in der Vorbereitung geachtet werden, um eine Enttäuschung zu vermeiden?
Roger Milla: Es bedarf einer guten Organisation, um tatsächlich gute Resultate zu erzielen. Spieler, Manager, aber auch die Fans müssen sich als eine Einheit verstehen, in der alle Beteiligten wissen, was sie zu tun haben. Niemand darf die Spieler in ihrer Konzentration auf die Vorbereitungen stören, niemand das Team als solches demoralisieren. Jeder, der sich an die Seite der Nationalmannschaft stellt, muss nicht nur sein Herz für die Eintracht beweisen, sondern auch das Herz eines Siegers. Unter dieser Voraussetzung kann sich Kamerun für die so bedeutsame WM 2010 qualifizieren.
Noch in den 1980er Jahren wurde eine WM-Teilnahme afrikanischer Staaten in hochrangigen FIFA-Kreisen als Fiasko bezeichnet. Was hat sich seither verändert?
Der Fußball hat unsere Zeit verändert. Die WM-Teilnahme 1990 hat Kamerun verändert. Zuvor waren die afrikanischen Nationalmannschaften tatsächlich mit vielen Rassismen konfrontiert. Bis zu diesem Zeitpunkt wollte es Afrika aber auch nicht gelingen, so weit über die Gruppenphase hinaus zu gelangen. Seit wir diese Hoffnung 1990 wahr gemacht haben, hat sich viel getan. Der afrikanische Fußball genießt heute weltweit Respekt. Auch in den europäischen Meisterschaften gestalten afrikanische Spieler den Fußball zunehmend mit. Somit wird auch der afrikanische Kontinent mehr als zuvor ernst genommen.
Wird die zunehmende Kritik an der Kommerzialisierung des Fußballs auch in Afrika stärker zu hören sein?
Heute sind immer mehr Fußballer den Realitäten der Kommerzialisierung ausgesetzt, sie sind in hohem Maße mediatisiert. Selbst Spieler, die das Niveau der Nationalmannschaft nicht erreichen, können Milliarden (zentralafrikanische Francs, Anm.) verdienen. Und dennoch ist ihre Situation sehr angespannt. Ich bin überzeugt, dass man nicht die Spieler dafür verantwortlich machen darf. Die Welt hat sich verändert. Das Auto, das wir vor 20, 25 Jahren hatten, ist mit dem von heute nicht vergleichbar. Die Technologie hat sich verändert, ja sogar die Physiognomie der Staaten. Deshalb beobachten wir auch viele Spannungen. Die einen verdienen unglaublich viel, andere wiederum nur ganz wenig, und das macht die Sache ausgesprochen schwierig.
Diego Maradona ist nun erfolgreicher Trainer der argentinischen Nationalmannschaft. Warum folgt Roger Milla nicht seinem Beispiel in Kamerun?
Maradona ist in seinem Land nicht Ambassadeur itinerant (Ehrenbotschafter, Anm.) und genießt auch nicht den Rang eines Ministers. Ich verkörpere hier aber beides. Man hat Maradona den Trainerposten verschafft, weil es für ihn sonst keine hohe staatliche Position gibt. Für Argentinien ist das aber insgesamt gut, weil er eine neue Dynamik in die Nationalmannschaft bringt.