__ Bad Aibling
Wer erinnert sich? Als zu Beginn der 1990er-Jahre das ORF-Fernsehen mit dem neuen Format “Gaudimax” erstmals auf Sendung ging, konnte sich das Publikum noch massenhaft für sexistische Witze über Kühe und Ehefrauen aus Bad Aibling begeistern. Mittlerweile bietet Bad Aibling niemandem mehr einen Grund zum Lachen.
Die bayerische Kleinstadt in der Nähe von Rosenheim ist als tölpelhafte Matrize des schmutzigen Humors seit geraumer Zeit bedeutungslos. Am ehesten finden noch kleine Kinder die auffallend großen Kugeln amüsant, die wie überdimensionale weiße Ballons das Landschaftsbild um Bad Aibling prägen. Wem allerdings die demokratische Unversehrtheit unserer Kommunikationsgrundlagen Kopfzerbrechen bereitet, bekommt bei diesem Anblick Gänsehaut. Im Rahmen des weltumspannenden Spionagenetzwerks “Echelon” hatte der US-amerikanische Geheimdienst hier schon vor fast 30 Jahren eine Abhörbasis errichtet, mit in kuppelartige Schutzhüllen gepackten Radaranlagen, die schließlich vom deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) übernommen wurden, um der NSA auch weiterhin wertvolle Informationen aus relevanten Krisenregionen auszuspähen. Soweit die offizielle Lesart.
Seit Anfang Mai 2015 ist bekannt, dass – in Verletzung unumstößlicher Grundrechte – sogar hochrangige Personen und Institutionen der europäischen Politik jahrelang der breiten Bespitzelung zum Opfer gefallen sind. Nun stöhnt das vernetzte Individuum einmal mehr unter diesem weiteren schweren Sündenfall. Die Ohnmacht bahnt sich ihre Wege immer tiefer, verliert sich zusehends in Gleichgültigkeit und stellt die Widerstandsgeister auf eine harte Probe. Wo bleiben also die erbosten Reaktionen aus Österreich? Fehlanzeige! Hier wird zum Skandal der globalisierten Überwachungspraxis demütig geschwiegen – und der Missachtung von Demokratie und Verfassung auch gleich die Absolution erteilt. Von Bad Aibling bleibt nur noch übrig, dass fortan endgültig Schluss mit lustig ist.