Aufgrund der aktuellen Corona-Krisensituation war Heidemarie Uhl (Historikerin, Österreichische Akademie der Wissenschaften) per Videoschaltung bei dorf TV zu Gast.
Sendetermin: Montag, 4. Mai 2020, 17.00 – 17.50 Uhr
Am 27. April 2020 beging das offizielle Österreich das 75-Jahr-Jubiläum der Zweiten Republik. Mund-Nasen-Schutzmasken und ausreichender Abstand zwischen den Staatsspitzen kennzeichneten den Festakt, der – wie auch das ganze Land seit mehreren Wochen – fast ausschließlich unter dem Eindruck der aktuellen Coronavirus-Krise stand. Die globale Pandemie, so wurde sehr rasch deutlich, prägte nicht nur die Bildsprache der medial übertragenen Feierlichkeit, sondern auch die politische Rhetorik an diesem Tag. ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz bediente sich ganz bewusst zentraler Metaphern aus der Wiederaufbauzeit nach 1945, beschwor den rot-weiß-roten Zusammenhalt und erinnerte an die “Gründerväter” wie etwa Leopold Figl. Eine kritische Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus, Krieg und Zerstörung suchte man vergeblich, auch die politischen Gegensätze und gesellschaftlichen Verwerfungen der Nachkriegszeit kamen nicht zur Sprache.
Im Mittelpunkt des Gesprächs standen daher u.a. Fragen, welchen Stellenwert die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in Österreich einnimmt, wie sich die Entwicklung der Gedenkpolitik im Republikjubiläum widerspiegelt und welche Schlüsse zukünftige Generationen daraus ziehen sollten.