Der Stachel im Fleisch

Polit-Talks ohne Quotendruck und Parteieneinfluss

Im Vorfeld der Gemeinderats- und Landtagswahlen in Oberösterreich am 26. September 2021 hat mich die Linzer Stadtrundschau um ein Interview gebeten.

Im Mittelpunkt standen u.a. die Fragen, was die TV-Diskussionen auf DORFTV von anderen unterscheidet, welche Sendungen unvergesslich bleiben und warum politische Menschen im Studio jederzeit herzlich willkommen sind.

 

Linzer Stadtrundschau, 29. Juli 2021 (Langfassung)

Mit seinen Polit-Talks auf DorfTV füllt Martin Wassermair seit Jahren eine Lücke in der lokalen Medienlandschaft. Ein Gespräch über den Reiz des Formats, Unterschiede zu anderen, denkwürdige Sendungen und die liebsten Gäste.

LINZ. Seit mittlerweile sechs Jahren lädt Polit-Talker Martin Wassermair seine Gäste ins Studio von DorfTV. Der Wahlkampf ist auch für ihn und den kleinen TV-Sender etwas Besonderes.

Polit-Talks auf lokaler Ebene sind eine Spezialität des nicht-kommerziellen Rundfunks. Wie begleitet DorfTV die Gemeinderats- und Landtagswahlen?

Wassermair: Seit vergangenem Herbst gab es zahlreiche Studiodiskussionen zu Klimaschutz, Arbeitsmarkt, soziale Sicherheit, Integration, Kulturentwicklung und selbstverständlich auch zu den Folgewirkungen der Corona-Pandemie. Den Höhepunkt bilden dann am 30. August die TV-Gespräche von jugendlichen Erstwählern mit der Linzer Spitzenpolitik und am Tag darauf ein zweistündiger Round Table mit den Landesgeschäftsführern der oö. Parteien.

“Zeigen, dass Politik mehr kann als viele glauben”

Sie haben Hunderte Sendungen gemacht. Was reizt Sie immer noch an dem Format?

In dieser Stunde lässt sich schon aufzeigen, dass Politik eigentlich mehr kann, als viele glauben. Die Krise der Demokratie ist eine Folge dessen, dass immer mehr Menschen das Vertrauen in die politische Lösungsfähigkeit verlieren. Das hat auch damit zu tun, dass die öffentliche Debatte über die großen Herausforderungen unserer Zeit nur wenig medialen Raum findet. Bei DorfTV können zum Beispiel Gemeinde- und Landespolitiker weiter ausholen, ihre Standpunkte darlegen und selber auch von anderen Sichtweisen erfahren.

Was unterscheidet eine Talk-Sendung auf DorfTV von anderen?

Polit-Talks werden im TV immer mehr zu einer populistischen und konfrontativen Redemaschinerie. Die Sorgen und Nöte der Menschen aus ihrem unmittelbaren Lebensumfeld bleiben da meist unbeachtet, das erzeugt dann schnell auch den Eindruck von Abgehobenheit. Bei DorfTV gibt es weder Quotendruck noch Parteieneinfluss. Hier kommen Leute zu Wort, die viel zu sagen haben und mit ihren Ideen wertvolle Anstöße bieten können. Bei wachsendem Publikum kommt das Bürgerinitiativen, Sozialprojekten, Bildungseinrichtungen und Kulturvereinen ebenso zugute wie Gemeinderäten und Landesparlamentariern, die durch die TV-Talks sogar einiges über die mediale Auseinandersetzung mit Politik lernen können. Die Wahrscheinlichkeit, bei mir zu einer kritischen Debatte eingeladen zu werden, ist zudem groß. Beim ORF sitzen sie auf der ganz langen Bank.

Ein unvergessener TV-Talk

Welche Sendung ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Unvergesslich bleibt mir sicherlich ein TV-Talk anlässlich der Zerwürfnisse der Grünen mit ihrer Jugendorganisation im April 2017. Eingeladen waren die Landesparteivorsitzende sowie eine Sprecherin der Jungen Grünen. Drei Stunden vor Live-Einstieg hat mich der Pressesprecher informiert, dass die vereinbarte Diskussion nicht zustande kommt. Ich hab’ mich also ins Studio gesetzt, meinen zwei abwesenden Gästen jeweils ein Glas Wasser gereicht und die schier unüberbrückbaren Widersprüche der Ökopartei alleine erörtert. Daraufhin hab’ ich viel positives Feedback erhalten, weil ich mich von dieser Missachtung gegenüber einem kleineren Sender nicht mundtot machen ließ.

Welchen Politiker hätten Sie noch gerne bei sich im Studio?

Politik hat mich immer schon fasziniert, weil ich in meinem Leben viele politische Menschen kennenlernen durfte. Darunter waren eigentlich nur wenige Politiker im herkömmlichen Sinne. Wenn uns das Gemeinwohl ein wichtiges Anliegen ist, wenn wir in einer Gesellschaft der kulturellen Vielfalt leben wollen, dabei Demokratie und Menschenrechte hochhalten, dann ist das sehr politisch. So gesehen heiße ich schon jetzt alle im Studio sehr herzlich willkommen, die unter den genannten Gesichtspunkten ihre Stimme erheben, mit Leidenschaft dafür eintreten und damit Politik auch zu ihrer Sache machen.

Alle Talk-Sendungen können auf DORFTV nachgesehen werden.