Im Gebrauch der Symbolwelt stehen Zahnräder für den Aufbruch in eine neue Zeit. Ob bei Charlie Chaplin in “Modern Times” oder in Fritz Langs “Metropolis” – wo immer die metallenen Beißerchen ineinandergreifen, folgen radikaler Umbruch und gesellschaftliche Reorganisation. Im Kleinen verhält es sich nicht anders, wenn auch zumeist nicht ganz so spektakulär. Der Kulturverein Roßmarkt 1 in Grieskirchen jedenfalls hat seit bereits einem halben Jahr mit Zahnrädern zu leben gelernt und schätzt sich darüber dennoch ausgesprochen glücklich.
Ursprünglich suchte eine Handvoll Jugendlicher in ihrer Schulstadt den für die Gründung einer Zweigstelle der “Aktion kritischer SchülerInnen” erforderlichen Raum. In den vier Wänden am Roßmarkt fündig geworden, erkannte das junge Engagement, daß Schulpolitik alleine, bei der noch dazu alle der gleichen Meinung sind, weder großen Spaß macht noch von langer Dauer ist. Sich hingegen als revitalisierende Zelle in der herbergsstiftenden KI einzunisten, hat bedeutend mehr von beidem. Und tatsächlich ist die Gruppe mittlerweile als ernstzunehmender Bestandteil im Gesamtgefüge des Roßmarkts integriert. “Ur-Werk” sollte das Unternehmen von Anfang an heißen, und die Wahl des Namens verrät bereits etwas vom Charakter des Projekts: “Wir verbinden für uns damit die Arbeitssituation einer Werkstätte mit dem urigen Flair des Hauses”, erklärt Jürgen Volgger, mit seinen 19 Jahren wohlgemerkt der Älteste im Team. Dieses ist auf Gönnerhaftigkeit der Alten nicht angewiesen, denn es verfügt – mit Zahnrädern als Erkennungsmerkmal im Logo – über ein eigenständiges Profil. Das erzeugt Selbstbewußtsein und spürbar wird es im persönlichen Gespräch.
Von Gerid Hager, Claudia Hinterberger, Jutta Greifender und Sabine Mach, alle vier so um die 18, ist zu erfahren, daß sie ihren Eintritt in den Verein als eine Art Befreiung von Grieskirchen sehen. “Diese Stadt ist unmöglich, hier tut sich für Jugendliche wie uns ansonsten nichts.” Ergeht es den anderen denn nicht ebenso? “Wir sind sicher eine Minderheit. Wir wollen nicht nur passiv konsumieren, sondern selbst mit unseren Ideen etwas auf die Beine stellen.!” Seitdem finden Zahnräder auch Eingang ins Kulturprogramm. Wenn einmal im Monat die Musik der von überall herbeigerufenen Bands und Djs durch de Räume donnert, sind diese zumeist zum Bersten voll. Dem zum Trotz gelingt das für diese Schiene gesteckte Ziel: Die Verbindung von musikalischen Angebot und der Chance, in einem gemütlichen Rahmen zu kommunizieren. “Das hat die Roßmarktler bislang am meisten beeindruckt”, schwärmen die Newcomer, “und mittlerweile sind schon manche Bandinfos ausschließlich an ‘Ur-Werk’ adressiert”. Die Zeiten ändern sich. Wie steht es daher um Vorurteile und Ressentiments der Umwelt, die letztendlich auch das Urteil der Eltern prägen? “Die tolerieren das, was wir hier tun und sind manchnmal sogar froh darüber, daß wir eigentlich etwas Gescheites tun.” An die Mythen von exzessiver Ausschweifung und ruinösem Drogenkonsum glaube in Grieskrichen ohnehin nur mehr ein unverbesserlicher kleiner Kern. Heute geht es um mehr: “Das Ur-Werk am Roßmarkt gibt uns das, was wir außerhalb kaum finden, nämlich Selbstbestätigung.”
Bei aller Nachwuchsfreude wollen Obmann Horst Scheiböck und Geschäftsführer Dieter Zwirchmayer die “Ur-Werkler” nicht überfahren. “Wenn wir die Gruppe weiterhin in alle Abläufe des Vereinsgeschehens einbeziehen, ihre Eigenheiten sowie Kritik am Ganzen ernst nehmen”, sind beide überzeugt, “dann erübrigt es sich, ständig auf die spätere Übernahme zu drängen.” Dennoch bieten die Jungen gerade jetzt, wo es den Irrsinn eines Abbruchs des Hauses abzuwenden gilt, eine hoffnungsvolle Perspektive. Dem Verein insgesamt ist zu diesem Modell der friedlichen Koexistenz kulturinitiativer Generationen zu gratulieren. Gemeinsam haben sie vor allem aufgezeigt: Wer in der Kulturarbeit nicht lange von der Jugend redet, hat mehr davon.