Menschen wie Herr Khol

Zur Kriminalisierung der Regierungskritik von Kulturschaffenden

“Angst habe ich in meinen Träumen, wenn faschistoide Polizisten auf Menschen einschlagen, bis diese zur absoluten Selbstdemütigung bereit sind. Und manchmal auch vor Menschen wie Ihnen Herr Khol.” – Der offene Brief, der am 5. August von einem Mitglied der in Italien inhaftierten VolxTheaterKarawane an den Klubobmann der ÖVP gerichtet wurde, beschreibt nicht nur die menschenverachtende Behandlung eines willkürlichen Strafvollzugs. Er rückt auch die Person Andreas Khol erneut ins Blickfeld der politischen Debatte, nachdem dieser – gemeinsam mit Außenministerin Ferrero-Waldner und dem Innenministerium – die globalisierungskritische Schauspielgruppe mit haltlosen Vorwürfen noch zusätzlich schwer belastet hat.

Menschen wie Herr Khol fühlen sich als Hohepriester der politischen Wende. Der Vorwurf, die Theaterleute seien der gewaltbereiten Szene zuzuordnen, ist nicht bloß besorgter Ausdruck des persönlichen Entsetzens angesichts der Vorfälle in Genua. Solcherart Injurien entspringen einem Politikentwurf, der sich in schleichenden Prozessen seine Wege bahnt und dabei immer wieder eruptiv zum Vorschein kommt. Andreas Khol verfasste dazu sogar ein politisches Manifest.

Dabei klingt alles durchaus harmlos. Wer will schon nicht einer Bürgergesellschaft angehören, in der die gesamte Ideengeschichte der freien Welt nachzuhallen scheint? Zunächst sind aber die Gefahren zu beseitigen. Andreas Khol glaubt diese zu erkennen, wohin immer er auch blickt: “Trittbrettfahrer, Faule, Mitnehmer”. Sie sind die Wurzel allen Übels. Der Grund des Niedergangs von Familie, Kirche und der Parteien. “Die Vergehen gegen die Gesellschaft”, so schreibt der VP-Ideologe 1999 in seinem Buch “Durchbruch zur Bürgergesellschaft”, “werden epidemisch, sie ist auf dem besten Wege, zum Polizei- und Therapiestaat zu verkümmern.” Andreas Khol verordnet ein “System von Bürgersolidarität, Nächstenliebe und Partnerschaft”. Eingebettet in eine dörfliche Idylle und in heimatliches Wohlgefühl.

Menschen wie Herr Khol profitieren vor allem von den Schwächen ihrer Gegner. Diese reagieren – wenn überhaupt – oftmals mit unzulänglichen Argumenten auf die Versuche der FPÖVP-Regierung, das reichhaltige Spektrum einer kritischen Öffentlichkeit hierzulande durch Subventionskürzungen, Verschärfung des Vereinsrechts und die Streichung der begünstigten Zeitungsversandtarife nachhaltig zu beschädigen. Damit wird zunehmend deutlicher, dass die Khol’sche Bürgergesellschaft nicht die Garantie individueller Freiheiten meint, sondern ein rot-weiß-rotes Modell zur gemeinschaftlichen Bevormundung. Politische Gegenmodelle stehen bis heute unverändert aus.

Gemeinschaft spart auch Geld. Wenn Menschen die Nachbarschaftshilfe auf eine neue gesellschaftliche Sinnebene erheben, dann freut sich vor allem der Finanzminister. Und die Salzburger SPÖ vergibt dafür sogar einen Preis. Die Nike 2001 kürte unlängst die sozialen Helden des Alltagslebens. Denn: “Sie siegen über die soziale Kälte”. Dass nur Systeme, die Verlierer produzieren, zum Topos des Heroen greifen müssen, scheint der Sozialdemokratie an der Salzach bisher verborgen geblieben zu sein. Deshalb sollte die Nike 2001 besser als Indikator des Zustands der Roten in der Opposition gewertet werden. Ein Triumph über Blau-Schwarz ist der Göttin des Sieges auf diese Weise sicher nicht gegönnt.

Es sind jedenfalls auch Menschen wie Herr Khol, die den ideellen Grundstein dafür legen, dass Regierungskritiker systematisch observiert und staatspolizeilich erfasst werden. Da ist es dann auch zur Kriminalisierung von Kulturschaffenden nicht mehr weit. Aus der Geschichte wissen wir, wie schnell Denunziantentum und Ausgrenzung auf diesem geistigen Boden gedeihen. Im Falle der Mitglieder der VolxTheaterKarawane hat das italienische Regime unter Berlusconi und Fini die Drecksarbeit erledigt. Dank einer guten Zusammenarbeit mit Österreich.