Kampfzonen in Kunst und Medien III

Kulturpolitik - ist da jemand?

Das ORF Ö1-Morgenjournal berichtete am 17. April 2008 von der Diskussionsveranstaltung im Rahmen der Buchpräsentation im Wiener Gartenbaukino.

 

Neues Buch zu “Kampfzonen” der Kulturpolitik

Ö1 Morgenjournal – Dorothee Frank

Im Wiener Gartenbaukino wurde am Mittwoch ein Buch mit aktuellen Texten zur Kulturpolitik vorgestellt: “Kampfzonen in Kunst und Medien” heißt der bei Löcker erschienene Band. Herausgeber sind Konrad Becker und Martin Wassermair. Bekannt wurden die beiden als Gründer der Netzkunstinitiative public netbase, die unter Schwarz-Blau zu einer Plattform für regierungskritische Künstler wurde und in der Folge mangels Subventionen schließen musste.

Der Band “Kampfzonen” versammelt 25 Texte zur Kulturpolitik, etwa von der Schriftstellerin Marlene Streeruwitz oder dem Kurator Georg Schöllhammer, der für die Publikationen der letzten “documenta” verantwortlich war. Für das Buch entstand auch ein Essay von Thomas Mießgang, der Anfang des Jahres als Vorabdruck im “Standard” Staub aufgewirbelt hat. Eine vernichtende Bilanz über das erste Jahr der Kulturministerin Claudia Schmied. “Das Werkel holpert dahin”, heißt es da, oder: “Schade, dass Nettigkeit keine politische Kategorie ist”.

Kulturpolitik – ist da jemand?

Auch der Succus der gestrigen Podiumsdiskussion war: Enttäuschung, und die Frage: Kulturpolitik – ist da jemand? Der Schriftsteller Franz Schuh wollte auch im Hinblick auf die SPÖ wissen: “Wollen die nur verwalten? Wollen die nur einen Zugang zu bestimmten Machtpositionen haben, definieren sie das als das Politische, oder haben sie Absichten, die sie uns erklären, worin sie bestehen?” Was der Politologe Peter Pelinka so beantwortete: “Die Vernunft der Parteien ist, Wahlen zu gewinnen – das ist die Vernunft!”

Franz Schuh in ironischer Hochform

Rennen Kritiker der Kulturpolitik auch heute wieder gegen Gummiwände, wie es Pelinka ausdrückte? Verhallen Stimmen wie die von gestern ungehört? Nicht zwingend, meint Franz Schuh – und nennt ein Beispiel für Einflussnahme von Künstlern: “Peter Weibel, der kann das wirklich: der sagt diesen Leuten: Ihr habt überhaupt keine Ahnung, ihr wollt den Hirschen mit Geweih, aber Ihr macht Euch lächerlich. Also müsst ihr als Kunst akzeptieren, was ich Euch sage, dass Kunst ist.”

“Wir hatten hier viele Jahre einen Museumsdirektor, der einfach als Verwalter seiner Sachen erbärmlich schlecht war. Der war auch im Ausland eine komische Figur. Weil dem hat man unterm Hintern die Saleria weggestohlen. Das ist nicht gut. Das ist eine Art von Bestrafung durch das Volk”.

Bleibende Schäden

Das Fehlen von Ansätzen, die kleineren innovativen Akteure des Kulturbetriebs besser zu fördern, sprich der massiven Bevorzugung der großen Häuser gegenzusteuern – so lautete einer der Kritikpunkte gestern. Es gebe immer noch kein Bemühen, ganz oder fast zu Tode gesparten Kulturinitiativen wieder auf die Beine zu helfen, bedauert die Kulturwissenschaftlerin Monika Mokre, eine der Autorinnen des Bandes: “In den Bundesländern ist wirklich viel kaputt gemacht worden, und das wird, soweit ich weiß, auch nicht wieder aufgebaut.”

Daniela Koweindl von der IG Kultur vermisst die Wiedereinführung des unbefristeten Bleiberechts für ausländische Künstler/innen und Wissenschaftler/innen, das unter Schwarz-Blau abgeschafft wurde. “Das ist eine massive Einschränkung der Freiheit der Kunst”.

Dem Buch “Kampfzonen” sollen weitere Bände mit kritischen Essays folgen.