Medienkonzerne und Telekommunikationsindustrie sind aus der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts nicht mehr wegzudenken. Längst manifestieren sich hegemoniale Macht- und Herrschaftsverhältnisse unserer Zeit auch in der Hightech-Hoheit über die Köpfe der Menschen, die einer bereits erdrückenden Wirkungsbreite massenmedialer Omnipräsenz gegenüber stehen. Zugleich bilden Medien weitgehend geschlossene Systeme. Ihr zumeist am Profit orientiertes Selbstverständnis hat offene Zugänge für eine breite Beteiligung ebenso wenig vorgesehen, wie auch die strukturelle Beschaffenheit mit hohen Anforderungen an Bildung und technischem Know-how.
Und dennoch: Es besteht kein Zweifel, dass die Qualität eines demokratischen Gemeinwesens vor allem auch an der Zugänglichkeit von politischer Partizipation gemessen werden muss. Die Möglichkeit, mit Medien zu arbeiten und über den Zugang zu Medien aktiv an gesellschaftlichen Prozessen teilzunehmen, ist schon alleine deshalb von Bedeutung, weil Öffentlichkeiten letztlich nur durch Debatten und Auseinandersetzungen entstehen, durch miteinander in Konflikt tretende Definitionsversuche allgemeiner Werthaltungen und Grundsätze. Wer nicht daran teilnimmt, kann sich auch kein Gehör verschaffen.
Ein solches Ungleichgewicht erzeugt Ohnmacht, die nicht tatenlos zur Kenntnis genommen werden darf. Welche Schlüsse daraus zu ziehen sind, lässt sich an einem aktuellen Beispiel anschaulich erörtern: Die Verschärfung durch das mit 1. Mai 2004 in Kraft getretene Asylrecht hat für all jene, die in Österreich Zuflucht vor Terror, Verfolgung und Perspektivenlosigkeit suchen, eine hoffnungslose Situation geschaffen. Es bestätigt sich jedenfalls die Erfahrung, dass Migration hierzulande “ein feindliches Umfeld der Exklusion” vorfindet, das – wie auch im Buch “Landschaften der Tat” sehr eindrücklich beschrieben – eine “unfreiwillige Selbstorganisation” zur Folge haben muss. Kompromissbereitschaft und passive Erwartungshaltungen haben gegen die Rassismen in Staat, Gesellschaft und Medien bisher jedenfalls nichts ausgerichtet.
Jugendliche Flüchtlinge sind von den Realitäten der österreichischen Asylpolitik besonders hart betroffen. Aus diesem Grunde hat die Wiener Internet-Kulturplattform Public Netbase im Winter 2003/2004 gemeinsam mit der asylkoordination österreich einen Weg aufgezeigt, der partizipative Jugend- und Kulturarbeit, politischen Antirassismus sowie die Vermittlung von Medienkompetenz miteinander verbindet. Das von jungen Migrantinnen und Migranten selbst gestaltete Projekt Kein Asylverfahren im World Wide Web! setzte bei einem der zentralen Widersprüche der globalisierten Informationsgesellschaft an. Weltweit wird die freie Zirkulation des Kapitals und der Güter gefördert, die freie Mobilität der Menschen und ihrer Kommunikation jedoch massiv eingeschränkt, sobald Armut und rassistische Diskriminierung den Ausschlag dafür geben. Parallel dazu schreiben sich individualisierte Opferdarstellungen von Not leidenden Menschen als Verallgemeinerung in den unmittelbar erlebten Alltag ein. Dahinter steckt eine politisch gewollte Bedeutungsproduktion, die es durch die migrantische Selbstaneignung von Medien als wirkungsmächtige Ausdrucksform zu überwinden gilt.
Ein Selfempowerment-Projekt wie jenes von Public Netbase zielt aber nicht zuletzt auch auf eine Demokratisierung der so genannten Infosphäre. Das Recht auf Zugang zu Medien sowie auch das Recht auf die Freiheit der Meinung und des Ausdrucks müssen als unteilbare Grundrechte in Österreich volle Anerkennung finden. Um dafür in der Gesellschaft eine breite Resonanz zu erzielen, müssen alle Menschen die Möglichkeit haben, Kommunikationstechnologien und ihren Stellenwert im Informationszeitalter zu verinnerlichen.
Hier steht die Qualität von Demokratie tatsächlich auf dem Prüfstand. Denn die Freiheit der Kommunikation, so wird auch der Ruf an der Schnittstelle von Menschenrechten und einer kritischen Praxis in der globalen Medienkultur immer lauter, darf von der Freiheit der Mobilität und Bewegung nicht getrennt gesehen werden.