SPOÖ: Mit rechtspopulistischen Wassern gewaschen?

Konserve Kontroverse - die Kolumne mit Haltbarkeit

Österreich, Mitte der 1990er Jahre. “Die strategische Instrumentalisierung der Ausländerfeindlichkeit durch die Sozialdemokratie”, so ist in einer der vielen Analysen des Politikwissenschafters Peter Zuser aus dieser Zeit nachzulesen, “verhinderte nicht nur einen ausgedehnten Gegendiskurs, sondern trug nachhaltig zur Etablierung eines ‘Ausländerproblems’ in Österreich bei”. Knapp drei Jahrzehnte und zahlreiche Wahlniederlagen später sollte die rote Denkleistung doch endlich die richtigen Lehren daraus gezogen haben. Es geht immerhin um sozialdemokratische Grundwerte, da ist das gefährliche Hantieren mit menschenverachtenden Zündstoffen eigentlich fehl am Platz.

In der oberösterreichischen SPÖ fällt dennoch seit Jahresbeginn 2023 auf, dass mit der Erneuerung an der Parteispitze vor wenigen Monaten auch eine inhaltliche Positionierung vorgenommen wurde, die wiederum mit rechtspopulistischen Wassern gewaschen ist. Machte Michael Lindner in seiner Eigenschaft als neuer Landesvorsitzender zunächst mit der Forderung nach Zwangsarbeit für Asylwerbende auf sich aufmerksam, einer Idee, die von seiner Vorgängerin Birgit Gerstorfer noch entschlossen zurückgewiesen worden war, so fällt die 18,6 Prozent-Truppe gegenüber der schwarzblauen Asyllinie geradezu auf die Knie.

Da kommt schon mal vor, dass im Landtag eine Petition von ÖVP und FPÖ zur Verweigerung des Klimabonus für Asylwerbende willfährige Unterstützung findet, weil bei dieser Bezugsgruppe angeblich keine Energiekosten zum Tragen kämen. Was auch immer in diesen Köpfen vor sich geht, sei es aus Dummheit oder aus Boshaftigkeit. Der Klimabonus dient ausschließlich als Anreiz für klimafreundliches Verhalten, diese Wahrheit aber wird vor der Öffentlichkeit im Gleichklang mit rechtsextremer Rhetorik kurzerhand unter den Tisch gewischt. Nicht weniger beunruhigend erwies sich die Zustimmung des SPOÖ-Klubs bei der Forderung nach einer restriktiveren Altersbestimmung im Falle von asylsuchenden Jugendlichen, die leider nur allzu oft auf rassistischen Argwohn und schikanöse Behördenwillkür treffen. Nur wenige Tage davor war ein in Bau befindliches Asylquartier einem Brandanschlag zum Opfer gefallen – das fand in weiterer Folge allerdings kaum nennenswerte Beachtung.

Das Zündeln hat also auf vielerlei Ebenen in Politik und Gesellschaft wieder seinen Platz. Dass die österreichische Sozialdemokratie aktuell im Zuge einer von der SPÖ-Basis getragenen Vorsitzfindung um zeitgemäße Inhalte ringt, wird vielleicht nochmals 30 Jahre später in den Politikanalysen nicht einmal mehr eine kleine Notiz wert sein.

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