“… die Vorteile online kommunizieren”

Kulturpolitisches Portrait der neuen Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich

Die IG Kultur Österreich fiel diesmal in kein Sommerloch: Andrea Hummer, seit 1994 Geschäftsführerin des Bundesdachverbandes, gab Ende Juni ebenso überraschend wie wirkungsvoll ihr Ausscheiden bekannt. Mit ihr war es – einem Neubeginn gleich – gelungen, den Wechsel der IG Kultur nach Wien zu vollziehen. Hier, in unmittelbarer Nähe zu EntscheidungsträgerInnen der Kulturpolitik und maßgeblichen Behörden, gewann die IG Kultur als Instrument mit Durchsetzungs- und Gestaltungswillen erstmals spürbares Profil.

Bereits Anfang des Jahres beeindruckten Agilität und Handlungsvermögen der Interessenvertretung mit einer einwandfreien Vorsitznachfolge durch Werner Wolf. Bei der Nachbesetzung der Geschäftsführung sollte es nun nicht anders sein. Und tatsächlich schreibt der Vorstand die auf kontinuierlichen Übergang bedachte Linie weiter fort, denn seine Wahl fiel auf Gabi Gerbasits und damit auf keine der aufmerksamen Öffentlichkeit Unbekannte. Gerade wer in diesen Tagen eine der aktuellsten Publikationen der IG Kultur Österreich zur Dokumentation des Symposiums “Kulturrisse – Relevanz und gesellschaftliche Funktion der freien Kulturarbeit” in Händen hält wird feststellen, daß der dreitägigen Geistesanstrengung Mitte November des Vorjahres die konzeptionelle Arbeit von Gabi Gerbasits zugrunde lag. Doch damit nicht genug: Weitere biographische Eckdaten der neuen Geschäftsführerin sprechen ebensogut für das Vorrücken an die Schaltzentrale im Innersten der Struktur.

Mancherorts eilt Gabi Gerbasits der Ruf eines Sprößlings des Ministeriums voraus. Wahr ist, sie hat Vater Staat gedient. Zunächst unter Hertha Firnberg im Wissenschaftsministerium, später unter Moritz und schließlich der “Grande Dame” sozialdemokratischer Kulturpolitik, Hilde Hawlicek. Zu dieser Zeit fanden Österreichs Kulturinitiativen an oberster Stelle Gehör. Unter dem Pionier Ernst Strouhal wurde ihren Anliegen erstmals institutionell Rechnung getragen, und auch Gabi Gerbasits fand sich fortan in seinem Team. “Diese Aufbruchstimmung die plötzlich zu spüren war”, erklärt sie im Hinblick auf die eigene Ambition, “hat sicherlich dauerhaft auf mich abgefärbt.” Doch was für die IG Kultur vorderhand noch wichtiger erscheint: “Die Vorgänge innerhalb der damals neu geschaffenen Abteilung sind mir vertraut.” In der Frage, ob nicht gerade dadurch der oft schmale Grat zwischen harmonieträchtigem Einvernehmen mit der Abteilung III/8 und konfliktueller Abgrenzung um eine Nucane schwieriger zu beschreiten ist, sieht Gabi Gerbasits angesichts ihrer karenzbedingten Distanz seit 1993 kein Problem. Im Gegenteil: “Ich haben in einigen KI’s mitgearbeitet, vor allem aber bei HILUS, einer Wiener Plattform für Produktion und Kommunikation im Bereich Medienkunst und neuer Technologie. Hier mußten wir um Subventionen kämpfen, trafen zumeist auf Unverständnis und taten uns im Kunstministerium besonders schwer. Jedenfalls habe ich dabei einiges von Interessenvertretung kennengelernt.”

Interessenvertretung für die IG Kultur Österreich sieht Gabi Gerbasits im wesentlichen in der Beibehaltung des am Gedanken einer Gewerkschaft orientierten Wegs. “Mehr denn je kommt es darauf an, Bedeutung und Zweck einer IG Kultur zu erklären. Ich möchte meine Erfahrungen dafür nutzen, die Vorteile in den Netzwerken, also online zu kommunizieren.” Wo liegen die Schwerpunkte? “Besonderen Stellenwert hat für mich das Erreichen der kleineren KI’s. Hier muß ein Weg gefunden werden, wichtige Informationen, etwa zu Steuerrecht, zu Versicherungen und Werkverträgen oder bloß zur alltäglichen Pressearbeit, noch mehr an sie heranzutragen. Ebenso habe ich mir die Vermittlung zwischen den Initiativen zum Ziel gesetzt, wobei wiederum die Unterstützung der Landesdachverbände für ein Gelingen unerläßlich ist.”

AnsprechpartnerInnen für Themen und Inhalte der IG sieht Gabi Gerbasits auch außerhalb der Kultur. “Das Symposium ‘Kulturrisse’ hat gezeigt, daß Synergien zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Feldern und wissenschaftlichen Disziplinen möglich sind – und notwendig. Ansonsten ist freie Kulturarbeit den Gesetzen reinster Betriebswirtschaft wehrlos ausgesetzt, wenn man ihr nicht auf dies Art und Weise zu neuen Perspektiven verhilft.” Und für dies Aufgaben, die Fühler weiterhin richtig auszustrecken, wünscht ihr die KUPF das allerbeste und viel Glück.